Autohöfe sind effizienter und preiswerter
"Autohöfe sind effizienter und preiswerter"
Deutschlands Autobahnraststätten verlieren Kunden wegen hoher Spritpreise und eintönigem Angebot. Unternehmen wie 24-Autohöfe entwickeln sich dynamischer.
Der Gegenentwurf zur teuren, oftmals halb verlassenen und tristen, chaotisch mit Lkw vollgeparkten Autobahnraststätte ist für Alexander Ruscheinsky der Autohof gleich neben der Autobahnausfahrt. An der A6 bei Heilbronn präsentiert er eines seiner Vorzeigeprojekte, den 24-Total-Autohof Bad Rappenau. Im Gegensatz zu den Autobahnraststätten gibt es eine klare Trennung zwischen den 125 reservierbaren, gebührenpflichtigen und von Sicherheitskameras überwachten Lkw-Parkplätzen hinter dem Restaurant und der für Autofahrer, auch Familien, reservierten Front. Geöffnet ist rund um die Uhr.
Es gibt Elektroladesäulen von zwei verschiedenen Anbietern, Tanksäulen für Flüssiggas und Wasserstoff. Daneben Restaurant, Biergarten und ein Hotel mit Konferenzraum, das auch noch auf zwei Stockwerken ein "Bikini-Art-Museum" beherbergt, eine professionell aufgemachte Ausstellung zu Bademoden aus drei Jahrhunderten, die eine Reminiszenz an Bademodenherstellung in der Gegend sein soll. Sie ist aber auch ein Ort für Fernweh und für Gags mit Kulissen für Selfies im Bällebad. Wichtiger für Reisende sind aber Internet über WLAN für alle Besucher, ein Parkplatz für Wohnmobile, Waschmaschinen und Fitnessbereich für Lastwagenfahrer - und vor allem anderen, dass der Dieselkraftstoff so viel kostet wie in der Umgebung und nicht 30 bis 40 Cent je Liter mehr wie an den Autobahnraststätten.
Alexander Ruscheinsky hat zum Termin Sohn Daniel sowie die Töchter Jessica und Roxanne mitgebracht, die alle Leitungsaufgaben in der Unternehmensgruppe rund um die Marke 24-Autohof übernommen haben. Die Entwicklung der Idee des Autohofs, des Rastplatzes nicht direkt an der Autobahn, sondern neben der Autobahneinfahrt, stammt maßgeblich vom heute 69 Jahre alten Alexander Ruscheinsky. Er hatte nach einem Mathematikstudium - "weil ich zu faul war zu lernen und ein Fach wollte, in dem es nur ums Verstehen geht" - zwölf Jahre lang als Assistent eines Immobilieninvestors gearbeitet, der 1967 in Regensburg das erste deutsche Einkaufszentrum eröffnet hatte, das damals zweistöckige und voll klimatisierte Donau-Einkaufszentrum. Für diesen Investor entwickelte Ruscheinsky dann rund um eine Tankstelle 1986 den ersten Autohof an der A3 in Hengersberg bei Deggendorf - und danach die Anfänge einer Kette von Autohöfen unter dem Namen Europa Rastpark, die inzwischen 18 Autohöfe in Deutschland zählt.
1997 machte sich Alexander Ruscheinsky selbständig und eröffnete zwei Jahre später seinen eigenen Autohof. Inzwischen gibt es 15 Standorte in ganz Deutschland, ein sechzehnter soll in Kürze an der A4 zwischen Bad Hersfeld und Eisenach eröffnet werden. Das bisher vorletzte Projekt war ein Autohof an der A63 Mainz-Kaiserslautern bei Wörrstadt, vorangetrieben von der in Immobilienwirtschaft promovierten Tochter Jessica. Die farbenfrohe Ausstattung ist besonders weit entfernt von der Tristesse der Rasthöfe. Dazu werden auch Pizza, Döner oder Brötchen nach Wunsch frisch zusammengestellt.
Die jungen Geschäftsführer suchen neue Konzepte, etwa mit der Kette Dean & David mit frischen Salaten, die auch in einem Autohof vertreten ist. "Inzwischen haben wir Pächter, die ein Angebot von frischen Sandwiches, Salaten und Obst lieben, wo man an der Frischetheke etwas Gesundes mitnehmen kann", sagt Jessica Ruscheinsky. Andere Standorte von 24-Autohöfe haben noch traditionell geprägte Pächter, die drei Tage nach einem Versuch zu alten Traditionen zurückkehren. "Aber wir geben nicht auf", lautet die Reaktion.
Zugleich legt Alexander Ruscheinsky Wert darauf, dass die Pächter seiner Autohöfe mehr unternehmerische Freiheiten genießen als diejenigen an den Autobahnraststätten. Es gebe eine freiwillige Einkaufsgenossenschaft, aber niemandem werde vorgeschrieben, dort einzukaufen, man könne seine Produkte auch vom lokalen Metzger beziehen. Das ist ein deutlicher Unterschied gegenüber den Autobahnraststätten, wo der monopolartige Konzessionär Tank und Rast mit 412 der 440 Standorte offenbar festgelegt hat, dass alle über die gleiche Organisation einkaufen müssen, weshalb dort das Angebot in ganz Deutschland eintönig bleibt.
Vergleiche und Gegensätze zwischen den insgesamt 220 Autohöfen in Deutschland und den direkt an der Autobahn gelegenen 412 Raststätten von Tank und Rast sind unvermeidlich. Die viel besser ausgeschilderten und angekündigten Raststätten sind von der Autobahn schneller zu erreichen, aber auch deutlich teurer für Konsumenten. "Die Autohöfe haben eine dreifache Effizienz gegenüber den Autobahnraststätten, die nur in einer Fahrtrichtung angesteuert werden können. Autohöfe sind für Reisende beider Autobahnrichtungen erreichbar, dazu auch noch für die lokale Umgebung. Sie werden wegen der normalen Preisgestaltung auch zum Treffpunkt für die Region", sagt Alexander Ruscheinsky.
Dort finde eine Mobilitätswende statt, mit einem Tank- und Ladeangebot für neue Antriebsarten wie Ladesäulen, Batterietausch, Zapfsäulen für Gas und Wasserstoff. Das sorge wiederum für hohe Besucherzahlen. "Bei den abgelegenen Raststätten sind solche Installationen teurer, und sie können auch nur vom Verkehr in eine Richtung genutzt werden. Das führt dann wohl wieder zu utopischen Preisen, wie bei Benzin und Diesel. Da hilft auch gigantische öffentliche Förderung nicht, das sind verschenkte Steuergelder."
Gegen die Vernetzung und Lobbymacht des Raststättenkonzessionärs Tank und Rast sei allerdings nur schwer anzukommen, meint Alexander Ruscheinsky. "Selbst als Regensburger bekomme ich bei bayerischen Ministerien keinen Termin mehr, weil dort die Angst besteht, dass dann die Vertreter von Tank und Rast drei Termine beanspruchen, um alle Meinungen umzudrehen."
24-Autohöfe habe gelernt, als mittelständisches Unternehmen voranzukommen. Dabei könnten in vielen Gegenden nur lokale Immobilienentwickler größere Grundstücke und die Genehmigungen bekommen. In den wirtschaftlich belebtesten Gegenden seien Grundstückspreise hoch, die Autohöfe entsprechend kleinteilig. Dennoch hat es Ruscheinskys Unternehmensgruppe geschafft, Hürden dadurch zu überwinden, dass gleich ganze Industriegebiete mit integriertem Autohof geplant werden.
Für Kreativität und Dynamik sorgt die zweite Generation. "Wenn ihr euch als Fußballmannschaft mit Spielern in verschiedenen Rollen begreift, seid ihr unschlagbar", hat Vater Alexander dem Nachwuchs eingeschärft. Die in Immobilienwirtschaft spezialisierte Tochter Jessica kümmert sich um neue Projekte, Bauen, Erweiterungen in Richtung Business Parks und ist der Sparringspartner für den Gründer. Die Jüngste, Roxanne, mit Master in Business Innovation, sieht sich als Antreiberin in Richtung alternativer Energieformen auf dem Autohof, aber auch künftigen Solarfeldern für deren Betrieb. Betriebswirt Daniel hat die Aufgabe, die praktischen Probleme im Tagesgeschäft zu lösen. Gründer Alexander Ruscheinsky sagt: "Das Unternehmen beschäftigt mich weiterhin, aber ich bin nicht mehr an der Front." Zu Beginn der Covid-Krise 2020 habe er sich etwas zurückgezogen, seien Sohn und Töchter ins kalte Wasser geworfen worden. Er habe erst einmal vorläufig sein Büro der Tochter Jessica überlassen. Doch dorthin kam er dann nie wieder zurück.
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